Wie das Immobilienangebot in Österreich um 54 Prozent gestiegen ist
Hohe Zinsen und allgemeine Unsicherheit sorgen für Abkühlung auf Österreichs Immobilienmarkt. Doch nicht überall ist die Gipfeljagd zu Ende

Für seine malerischen Seen, lieblichen Täler und vor allem die imposanten Berge ist Österreich bekannt und beliebt, der Gipfelsturm scheint in der DNA des Landes verankert zu sein. Auch der Immobilienmarkt der Alpenrepublik kannte lange Zeit nur eine Richtung: nach oben. Die Preise kletterten von Gipfel zu Gipfel, von 2013 bis 2021 hat sich die Zahl der Immobilientransaktionen von knapp 80.000 auf mehr als 160.000 verdoppelt. Im Herbst 2022 ging sie erstmals zurück, die Preise haben nun ein Plateau erreicht. Der Motor der Bergbahn stottert, es herrscht eine allgemeine Verunsicherung wegen hoher Energiekosten sowie steigender Inflation und Zinsen. Außerdem verpasste die Politik dem Markt mit verschärften Kreditvergaberichtlinien einen Dämpfer: Seit August 2022 müssen Immobilienkäufer zwanzig Prozent Eigenkapital aufbringen, gleichzeitig darf die monatliche Kreditrate 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens nicht überschreiten. Für viele Familien oder Normalverdienende scheitert der Traum vom Eigenheim deshalb an der Finanzierung. Sie bleiben vorerst Mieter, mussten ihre Immobilienpläne fürs Erste aufschieben.
Vom Verkäufer- zum Käufermarkt
In der Folge sinkt die Nachfrage nach Kaufimmobilien: Laut einer Auswertung von Remax Austria melden sich derzeit für ein Objekt etwa 30 Prozent weniger Interessenten als im Vorjahr. An vielen Orten in Österreich ist der Nachfrageüberhang aus der Vergangenheit aber so groß, dass die geringere Zahl an Interessenten nicht ins Gewicht fällt. Dennoch steigt die Vermarktungsdauer. Für einen Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt spricht auch, dass mehr Immobilien auf den Markt kommen: Im Februar 2023 wurden österreichweit fast 54 Prozent mehr Wohnimmobilien zum Kauf inseriert als im selben Monat im Vorjahr. Das bietet Chancen auf gute Objekte. Doch der wirtschaftliche Druck ist bei den Verkäufern meist noch nicht so groß, dass sie Preisabstriche in Kauf nehmen möchten. Vielerorts verharren die Preise daher auf einem hohen Niveau. Mit leicht fallenden Kaufpreisen rechnen Experten langfristig am ehesten in niedrig- und mittelpreisigen Marktsegmenten, nicht aber bei Luxus- und Ferienimmobilien.

Luxusimmobilien noch immer hoch im Kurs
Für Letztere ist die Nachfrage nach wie vor sehr hoch. Kein Wunder, denn wer sich ein schickes Chalet oder ein exklusives Ferienhaus leisten kann, benötigt in der Regel keine Fremdfinanzierung. In dieser Hinsicht ist der Immobilienmarkt zweigeteilt wie die österreichische Landschaft mit ihren Bergen und Tälern. Dafür spricht auch, dass das Transaktionsvolumen 2022 zwar zurückgegangen ist, der Wert der Immobilientransaktionen mit 44 Milliarden Euro aber eine Rekordsumme erreicht hat. Toplagen und Luxusausstattung werden nach wie vor gefragt sein: Makler aus besonders begehrten Bezirken wie Salzburg berichten, dass sie im laufenden Jahr bereits Objekte für nie dagewesene Höchstwerte verkauft haben. Zudem gebe es in der Mozartstadt eine Besonderheit: Heimische Großinvestoren kaufen dort Privatimmobilien in herausragenden Lagen als langfristiges Investment auf und wirken damit fallenden Preisen entgegen.
Preisgefälle von West nach Ost
Salzburg ist ein Beispiel für eine weitere Zweiteilung des österreichischen Immobilienmarkts, die sich geografisch verorten lässt: Die direkt an Deutschland grenzenden westlichen Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg führen die Preispyramide an – nicht zuletzt, weil die vielen exklusiven Ferienwohnungen in den Tourismusregionen die Preise treiben. Einen geografischen Ausreißer bildet Wien, das ebenfalls zu den Preischampions gehört. In den östlichen Bundesländern kostet Wohnraum eklatant weniger, am günstigsten sind dabei Kärnten, die Steiermark und das Burgenland. Dort lagen die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen laut Marktanalyse von Engel & Völkers um 3.000 Euro, während in Wien und den östlichen Bundesländern mehr als 5.000 Euro zu Buche schlugen. Noch auffälliger sind die Preisunterschiede bei Ein- oder Zweifamilienhäusern: Während für ein Haus in Tirol fast eine Million Euro fällig wurde, kostete es im Burgenland durchschnittlich nicht einmal 200.000 Euro. Doch auch in den günstigen Bundesländern stiegen die Preise zuletzt. Nicht selten kommt ein Teil der Nachfrage dabei aus teureren Bundesländern.


Ferienimmobilien bleiben gefragt
Trotz allgemeiner Verunsicherung: Der Markt für Ferienimmobilien boomt nach wie vor. Wer als EU-Ausländer eine urige Berghütte oder eine Ferienwohnung mit Seeblick sein eigen nennen möchte, ist allerdings mit einigen Hindernissen konfrontiert – nicht was den Kauf, sondern was die erlaubte Nutzung der Immobilie anbelangt. Diese wird in der so genannten Widmung festgelegt. Wer nicht seinen Hauptwohnsitz nach Österreich verlegen will, sondern nur die Ferien oder Wochenenden dort verbringen möchte, ist mit einem gewidmeten Zweitwohnsitz am besten bedient. Zweitwohnsitze, Freizeitwohnsitze (wie sie in Tirol genannt werden) oder Ferienimmobilien (Vorarlberg) gelten als Rundum-Sorglos-Paket, weil man sie weder dauerhaft bewohnen noch touristisch vermieten muss, wie es bei Ferienimmobilien mit touristischer Widmung der Fall ist. Dementsprechend rar sind sie – und teuer, kommen sie denn einmal auf den Markt.
An den unterschiedlichen Namen für Zweitwohnsitze lässt sich bereits ablesen, dass jedes Bundesland und teilweise auch jede Gemeinde eigene Vorschriften hat, die in den jeweiligen Raumordnungsgesetzenfestgelegt sind. In Tirol und Salzburg gibt es Quoten: Liegt der Anteil an Zweitwohnsitzen am Wohnungsbestand bei acht Prozent (Tirol) oder 16 Prozent (Salzburg), werden keine neuen mehr genehmigt. In vielen Regionen wie Kitzbühel ist die Quote bereits weit überschritten. In allen Bundesländern außer Wien, Kärnten und dem Burgenland fällt zudem eine Zweitwohnsitzabgabe an.
Restriktionen für Zweitwohnsitze
Weil die Angst vor einem Ausverkauf der Heimat und kalten Betten in Tourismusregionen groß ist, wurden die Restriktionen für Zweitwohnsitze besonders in den westlichen Bundesländern verschärft: Einige Gemeinden beschäftigen mittlerweile Kontrolleure, die nach überquellenden Briefkästen fahnden und bei Versorgungsunternehmen nachprüfen dürfen, ob ein als Hauptwohnsitz gewidmetes Objekt wirklich dauerhaft bewohnt oder illegal als Ferienimmobilie genutzt wird. In Lech am Arlberg, wo Reiche aus aller Welt ihr Geld in später meist leer stehende Luxusbauten anlegen, wird Investorenmodellen durch Baustopps ein Riegel vorgeschoben. Woanders wird mit Buy-to-let-Immobilien experimentiert: Der Käufer erwirbt ein Hotelzimmer oder Ferienapartment in einem Neubaukomplex, das von der Betreibergesellschaft touristisch vermietet wird. Er selbst kann sein Eigentum dann nur eingeschränkt oder gar nicht nutzen.
Legale Nutzung von Hauptwohnsitzen
Für diejenigen, die keinen der heiß begehrten Zweitwohnsitze ergattern, gibt es dennoch Möglichkeiten, ein als Hauptwohnsitz gewidmetes Objekt legal zu nutzen. Man darf es als reines Anlageobjekt leer stehen lassen, muss dann allerdings in Tirol, Salzburg und der Steiermark eine Leerstandsabgabe bezahlen. In Tirol liegt der Höchstsatz für mehr als 250 Quadratmeter große Gebäude bei 215 Euro pro Monat, in Gemeinden mit knappem Wohnraum kann der Betrag auf 430 Euro steigen. Bei Leerstand sind den Eigentümern Aufenthalte von mehreren Tagen bis Wochen erlaubt, um nach dem Rechten zu sehen.
Außerdem darf die Immobilie dauerhaft vermietet oder einem Familienmitglied überlassen werden, welches sie als Hauptwohnsitz nutzt. Natürlich darf das Familienmitglied dann von den Eigentümern zu Urlaubszwecken besucht werden.
Auch ein nicht ganzjähriger Ausbildungswohnsitz ist möglich. Manche greifen zu dem Kniff, einen Firmensitz anzumelden. Wenn die Immobilie als Arbeitswohnsitz genutzt wird, muss sie der Eigentümer nicht ganzjährig bewohnen. Immer noch berühmt-berüchtigt ist das so genannte „Uschi-Glas-Urteil“: Weil die deutsche Schauspielerin angab, in ihrem nicht dauerhaft bewohnten Kitzbüheler Haus Drehbücher zu lesen, wurde es ihr als Arbeitswohnsitz genehmigt.
Es gibt jedoch eine besonders einfache Möglichkeit, als Nicht-Österreicher im Land der Seen, Täler und Berge sein Immobilienglück zu finden: Man verlegt tatsächlich seinen Hauptwohnsitz dorthin. Weil der Gipfelsturm gar so schön ist, die Bergluft rein, die Natur abwechslungsreich und die Lebensqualität so hoch.
GUT ZU WISSEN – IMMOBILIENKAUF IN ÖSTERREICH
Wir teilen uns nicht nur die gemeinsame Sprache mit unseren Nachbarn, auch der Immobilienkauf in Österreich läuft ähnlich ab wie in Deutschland. Ein paar Dinge sollten Sie aber vorab wissen


Kaufvertrag EU-Bürger dürfen in Österreich jederzeit Immobilien kaufen – nur landwirtschaftliche Liegenschaften sind nicht frei zugänglich. Vor dem offiziellen Kaufvertrag wird oft ein Vorvertrag, das „Kaufanbot“, erstellt. Vorsicht, dieses ist bereits rechtswirksam: Mit der Unterzeichnung verpflichtet sich der Käufer, die Immobilie verbindlich zu den vereinbarten Konditionen zu erwerben, sofern der Verkäufer diesem zustimmt. Bei einem späteren Rücktritt werden Vertragsstrafen fällig. Für die Grundbucheintragung, die „Verbücherung“, wird eine grundbuchfähige Urkunde mit Unterschriften des Käufers und des Verkäufers benötigt. Die Beglaubigung der Unterschriften nimmt ein Gericht oder Notar vor – ein notarieller Kaufvertrag wie in Deutschland ist in Österreich nicht vorgeschrieben.
Zweitwohnsitze Vor dem Kauf sollte darauf geachtet werden, wie die Immobilie genutzt werden darf. Die erlaubte Nutzung ist in der so genannten Widmung festgelegt. Am einfachsten ist es, seinen Hauptwohnsitz nach Österreich zu verlegen. Gewidmete Zweitwohnsitze sind rar, die Regelungen sind je nach Bundesland unterschiedlich und in den jeweiligen Raumordnungsgesetzen festgelegt. Vor allem in Tirol, Salzburg und Vorarlberg gibt es strenge Beschränkungen, Neubauten werden nur in Ausnahmefällen als Zweitwohnsitz genehmigt. Immobilien mit touristischer Widmung sind eine Alternative, sie müssen aber eine vorgeschriebene Anzahl von Tagen vermietet werden.
Kaufnebenkosten Die Kaufnebenkosten in Österreich summieren sich auf zehn bis zwölf Prozent des Immobilien-Kaufpreises. Die Maklerprovision beträgt in der Regel für den Käufer drei Prozent vom Kaufpreis plus Umsatzsteuer. Die Grunderwerbsteuer schlägt mit 3,5 Prozent des Kaufpreises zu Buche, für die Grundbucheintragung werden Gebühren in Höhe von 1,1 Prozent des Kaufpreises erhoben. Wenn auch eine Hypothek eingetragen werden muss, werden zusätzlich 1,2 Prozent der Hypothek fällig. Die Rechtsanwalts- oder Notarkosten betragen zwei bis drei Prozent des Kaufpreises, es besteht aber auch die Möglichkeit, ein Pauschalhonorar zu vereinbaren.
Bestellerprinzip Ab dem 1. Juli 2023 gilt in Österreich das Bestellerprinzip: Ein Makler darf von Mietern nur noch dann eine Provision verlangen, wenn diese ihn zuvor mit der Wohnungssuche beauftragt haben. Beim
Kauf ändert sich nichts: Die Maklerprovision (maximal sechs Prozent zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer) wird üblicherweise zu gleichen Teilen von Käufer und Verkäufer getragen. Allerdings kann man sich im Vorfeld auch
auf eine andere Regelung verständigen.
Hinweis: Dieser Artikel dient nur der Information und stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung dar. Änderungen vorbehalten. Stand: Mai 2023.
BEL 04/23