Lübeck & die Lübecker Bucht: weitgehend stabil
Die Lage der „Königin der Hansestädte“ könnte kaum besser sein – zwischen Hamburg und der Ostsee präsentiert sich die Heimat von Holstentor und Marzipan als echte Perle des Nordens
Der Blick auf die Zahlen des Gutachterausschusses war in den vergangenen Jahren nirgendwo in Deutschland ein wirklicher Genuss. Zu dramatisch waren die Rückgänge in Sachen Kaufverträge, Umsätze und Preise. Das galt auch für die Hansestadt Lübeck. Doch im Vergleich zu anderen Städten hält sich der Schrecken weitgehend in Grenzen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Stadt immer von größeren Ausschlägen verschont geblieben ist. Hinzu kommt, dass die einstige Hauptstadt der Hanse gerade einmal rund 220.000 Einwohner hat. Wir sprechen hier von einer historisch bedeutenden Universitätsstadt, doch eine Metropole ist Lübeck nicht. Auch wenn vielen Holstentor, Marzipan oder auch das Haus der Buddenbrooks aus dem Thomas-Mann-Roman bekannt sein dürften – und die große Hansestadt Hamburg mit Bahn und Auto locker unter einer Stunde zu erreichen ist.
Differenzierter, aber stabiler Markt
Doch zurück zu den eingangs erwähnten Zahlen des Gutachterausschusses. Seit Mitte des Jahres liegen die Werte für 2024 vor und zeichnen ein interessantes Bild: 1.577 Kaufverträge wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen – etwa zwölf Prozent weniger als im Schnitt der Jahre 2019 bis 2024. Der Umsatz von 609 Millionen bedeutete ein Plus von 17 Prozent gegenüber dem (schwachen) Jahr 2023. So weit, so normal im Bundesvergleich.
Mit 475.000 Euro im Schnitt für Einfamilienhäuser und 3.400 Euro pro Quadratmeter für Eigentumswohnungen im Wiederverkauf präsentiert sich Lübeck allerdings stabil auf dem Niveau von 2021. LANDMARK Das Lübecker Holstentor: weltbekannt – nicht nur, weil es die Rückseite des früheren 50-Mark-Scheins zierte Hiervon sind andere Städte weit entfernt. Nicht selten hört man von Preisen, die sich auf dem Niveau von 2018 oder 2019 befinden. Und das, obwohl an der Trave zwischen 2018 und 2022 wirklich rasante Preisanstiege zu verzeichnen waren.
Was allerdings auch nicht unerwähnt bleiben sollte, ist, dass es im vergangenen Jahr im Bereich der unbebauten Wohngrundstücke einen Rückgang von 60 Prozent gegenüber dem Schnitt der letzten sechs Jahre gab. Es ist also sicher nicht alles im grünen Bereich in Lübeck.
Insgesamt ist der Markt sehr differenziert zu betrachten, doch gerade bei freien Immobilien zum Eigennutz ist die Nachfrage aktuell sehr gut. Anders sieht es im Investmentsegment aus. Von den in Spitzenzeiten erreichten Faktoren (das 30-fache der Jahresnettomiete) ist man weit entfernt. Aktuell ist ein Einstieg unter dem Faktor 20 keine Seltenheit.
Punktuelle Toplagen
Lübeck besteht aus insgesamt zehn flächenmäßig zum Teil sehr großen Stadtteilen. St. Jürgen zum Beispiel ist eine der oft genannten Spitzenlagen der Stadt. Dies gilt jedoch nur für den innenstadtnahen Bereich wie das Mühlentorviertel und nicht für die weit im Süden befindlichen Bezirke Wulfsdorf oder Krummesse. Ähnlich verhält es sich beim Stadtteil St. Gertrud. Die Nähe zur Altstadtinsel (Burgtor) und zum Stadtpark ist gefragt und kostspielig, andere Bereiche fallen preislich mitunter deutlich ab.
Diesbezüglich komplett abgekoppelt sind der begehrte Stadtteil Travemünde und der benachbarte Priwall. Das zeigt sich schon beim Blick auf die Bodenrichtwerte. Während diese im übrigen Lübeck in der Spitze bei etwa 800 bis 850 Euro pro Quadratmeter rangieren, werden in den Lagen direkt an der Ostsee auch mal Quadratmeterpreise jenseits der 1.500 Euro erzielt. Allerdings ist Travemünde ein klassischer Ferienstandort.
Wer in der Hansestadt also nach Spitzenlagen sucht, hat das Wasser immer im Blick – ob nun als Ferienimmobilienkäufer direkt an der Ostsee oder innerstädtisch an den Flussläufen von Trave und Wakenitz. Im Fall der Innenstadt, der sogenannten Altstadtinsel, ist man nicht nur von Wasser umgeben, man hat zudem im Umkreis von 1,5 Kilometern alles, was man zum Leben und Wohnen benötigt.
Große Diskrepanz bei den Wohnlagen
Speziell ist in Lübeck auch der Spread zwischen Top- und Flop-Wohnlagen. Seit Jahren kämpfen zentralere Standorte wie Moisling oder Buntekuh mit ihrem Image. Dabei sei in der jüngeren Vergangenheit einiges getan worden, um die Attraktivität dieser meist recht einfachen Adressen zu erhöhen. Ein großer Vorteil könnte der Regionalbahnhof in Moisling werden, der seit Ende 2023 in Betrieb genommen wurde. Nun ist man auch von hier mit dem Regionalzug in einer guten halben Stunde in Hamburg. Eine positive Entwicklung wird auch den Stadtteilen St. Lorenz Süd und Nord attestiert. Etwas weiter ab vom Schuss sind die Stadtteile Schlutup und Kücknitz. Schlutup hatte aufgrund der dörflichen Struktur jenseits des Stadtwaldes Lauerholz, der Fischfabrik sowie als Grenzübergangsstelle nie ein besonders gutes Standing. Gleiches gilt für den klassischen Industriestandort Kücknitz, der auch aufgrund der schlechten Erreichbarkeit über den mautpflichtigen Herrenbergtunnel in der Gunst der Käufer weit unten rangiert.
Attraktiv: Umland und Lübecker Bucht
Aufgrund der bis 2022 gestiegenen Immobilienpreise und der fehlenden Ausweisung von Neubaugebieten in der Stadt zog es in der jüngsten Vergangenheit vermehrt Kaufinteressenten in das benachbarte Umland. Vorteile von Orten wie Stockelsdorf und Bad Schwartau sind die schnelle Erreichbarkeit auf der Autobahn nach Hamburg und die Lage direkt an der Lübecker Stadtgrenze.
Auch in puncto Ferien- und Zweitwohnsitze sowie in Sachen Wochenenddomizile hat Lübeck einiges zu bieten. Vom Stadtteil Travemünde einmal abgesehen, liegen renommierte und gefragte Adressen wie Timmendorf, Niendorf, Scharbeuz oder auch Grömitz in einer „Schlagdistanz“ von rund 30 Minuten. Nach einer kürzeren Phase des Stillstandes ist gerade hier wieder eine größere Dynamik im Markt spürbar. So registrieren die befragten Experten nicht nur eine steigende Nachfrage, sondern auch eine höhere Kaufbereitschaft – zumindest, was besondere Objekte in Küstennähe betrifft. Allerdings spielen Zinsentwicklung und die damit verbundene Finanzierbarkeit noch immer eine sehr große Rolle und verhindern auch den einen oder anderen Kaufabschluss. Insgesamt haben aber gerade Immobilien in den Top-Küstenorten eine starke Wertsteigerung hinter – und wohl auch wieder vor sich.
BEL 06/25