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Im Fußball ist Darmstadt ein Aufsteiger, in Hessens Immobilienmarkt zählt die Universitätsstadt schon länger zu den Spitzenreitern.

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Schönes Fleckchen: die Mathildenhöhe (Foto: Fotolia)

Platz 3 von 70

Wer ein echter Heiner ist, der liebt seine Lilien. Damit sind nicht etwa Pflanzenfreunde gemeint, sondern Darmstädter, die sich für ihren Fußballverein, den SV Darmstadt 98, begeistern. Woher der Name Heiner für die Bewohner der südhessischen Metropole kommt, darüber streiten sich die Wissenschaftler, der Spitzname „Lilien“ für den Fußballverein hingegen bezieht sich klar auf das blau-weiße Vereinslogo, das analog zum Stadtwappen eine Lilie ziert.

Innerhalb von drei Jahren marschierte Darmstadt von der Dritten Liga direkt in die Bundesliga – eine Sensation, die mit dem Aufstieg in die erste Liga 2015 kräftig gefeiert wurde. Auf dem Immobilienmarkt belegt das Oberzentrum schon länger Spitzenplätze. Im Catella Wohnungsmarktranking 2015 belegte Darmstadt unter 70 untersuchten Städten in Deutschland Platz drei. Erst auf Platz 20 bzw. 27 folgen mit Hanau und Wiesbaden weitere hessische Standorte.

Die guten Werte im Städteranking hat die offizielle Wissenschaftsstadt vor allem ihrem kontinuierlichen Wachstum zu verdanken. Bevölkerung, Arbeitsplätze, Studierende – jedes Jahr meldet die Stadt neue Rekordzahlen. 2014 lebten 154.000 Einwohner in der südhessischen Metropole, davon über 40.000 Studierende. Der hohe Anteil junger Zuzügler beschert Darmstadt das Prädikat „Schwarmstadt“, eine Bezeichnung für Wohnimmobilienmärkte, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil an kaufkräftigen, mobilen jungen 
Menschen verzeichnen. Für Investoren sind solche Märkte besonders interessant, da sie höhere Mieten und damit bessere Renditen bedeuten.

Ein gutes Bildungsangebot allein reicht heute jedoch nicht aus, um als Stadt für junge Menschen attraktiv zu sein. Kaufkräftige Jungakademiker schätzen vor allem Lebensqualität und nehmen dafür auch längere Anfahrtswege zu ihren Arbeitsstätten in Kauf. In diesem Punkt hat die Kulturstadt aus Tradition so einiges zu bieten, 
vom Staatstheater übers Jazz-Institut und die Residenz-Festspiele bis hin zur 1999 neu eröffneten Centralstation. In der denk-malgeschützten, ehemaligen Maschinen-halle im Stil der Gründerzeit finden Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und Club-Events statt. Die Investitionen in das kulturelle Angebot zahlen sich aus, denn auch in Zukunft soll Darmstadt einer der attraktivsten Standorte in Hessen bleiben.

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Quelle: Engel & Völkers

Begehrte Stadt, begehrte Lagen. Die „zukunftsfähigste Stadt Deutschlands“ punktet mit ­hoher ­Lebensqualität, viel Grün und ­guter Verkehrsanbindung

Bis 2030 prognostiziert die Bertelsmannstiftung in ihrem Datenreport „Deutschland im Demographischen Wandel 2030“ für Darmstadt einen weiteren Anstieg der Bevölkerung um mindestens fünf Prozent. Damit bildet die „kleine Großstadt“, wie sie sich selbst nennt, mit Frankfurt und Wiesbaden die einzigen Wachstumsmärkte in Hessen, landesweit soll die Bevölkerung dort in den nächsten 15 Jahren um drei Prozent zurückgehen.
Auf dem Wohnungsmarkt ist es aber bereits heute mehr als eng. Wie will die Stadt diesen Dauerstrom an Zuzüglern verkraften? Neben kontinuierlicher Nachverdichtung setzen die Stadtplaner vor allem auf Konversion. Seit dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte 2008 stehen innerstädtisch große Entwicklungsflächen zur Verfügung. Das Filetstück ist dabei das zwischen Bessungen und Eberstadt gelegene Areal der Lincoln-Siedlung im Süden von Darmstadt. Bis 2020 soll auf dem rund 244.000 Quadratmeter großen Gelände ein neues Quartier für rund 3.000 Menschen entstehen.

Prof. Dr. Andreas Pfnür, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre an der TU Darmstadt, sieht auch in der Innenstadt noch viel Potential für kreative Architekten und Projektentwickler. Aufgrund der nahezu vollständigen Zerstörung Darmstadts während des Zweiten Weltkriegs sind viele der in den 50er- und 60er-Jahren entstandenen Nutzungs- und Architekturkonzepte im Stadtgebiet heute nicht mehr zeitgerecht. Für Professor Pfnür die ideale Ausgangslage, hier architektonisch neue Wege zu gehen und der enormen Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Wohnraum gerecht zu werden. 

5 gute Gründe für Darmstadt

  • Guter Ruf der Hochschulen zieht auch in geburtenschwachen Jahrgängen viele Studenten an
  • Breit gefächertes Kulturangebot und hoher Freizeitwert stehen für hohe Lebensqualität
  • Verkehrsgünstige Lage zu den Metropolregionen Rhein-Main und Rhein-Neckar
  • Positive Bevölkerungsprognose durch junge, kaufkräftige Zuzügler
  • Städtebauliches Entwicklungspotential durch Konversionsflächen

Darmstadt im Ranking

  • Platz 1 als zukunftsfähigste Stadt Deutschlands (Quelle: Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW))
  • Platz 1 familienfreundlichste Großstadt (Quelle: Wirtschaftswoche)
  • Platz 3 im Wohnungsmarktranking (Quelle: Catella)
  • Platz 3 im Bevölkerungszuwachs Hessen (Quelle: Bertelsmannstiftung)
  • Platz 4 im Hochschulranking (Quelle: Wirtschaftswoche)

Makler Jens André, Inhaber des Engel & Völkers-Immobilienbüros in Darmstadt, bedauert das geringe Immobilienangebot in der Stadt: „Wer nicht verkaufen muss, behält seine Immobilie.“ Die konstant hohe Nachfrage treibt die Preise in die Höhe, laut Marktbericht Deutschland 2015/2016 der Maklergruppe Engel & Völkers werden 
für innerstädtische Spitzenlagen derzeit bis zu 5.500 Euro/m² abgerufen.
Die knappe Angebotssituation spiegelt sich auch 
in den Statistiken wider. 
Laut Gutachterausschuss sank 2014 das Transaktionsvolumen bei Wohnimmobilien um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, während der Geldumsatz um etwa fünf Prozent auf rund 670 Millionen Euro stieg. Aufgrund der stetigen Nachfrage bei gleichzeitig begrenztem Angebot sieht Professor Pfnür auch für die Zukunft keine Entlastung für den Darmstädter Immobilienmarkt. Seiner Meinung nach werden sich die Preise auf hohem Niveau einpendeln bzw. tendenziell sogar noch weiter steigen.

Wie rasant der Markt sich dreht, veranschaulicht eine Anekdote, die Jens André dazu einfällt. Im Sommer 2015 kontaktierte ihn ein seit Jahrzehnten in Amerika lebender Mann, der sein geerbtes Haus in einem westlichen Stadtteil verkaufen wollte. Er plante, für ein Jahr nach Darmstadt zu kommen, bis der Verkaufsprozess abgeschlossen war. Doch aus dem Langzeiturlaub in der alten Heimat wurde nichts, innerhalb von 48 Stunden nach Festlegung des Verkaufspreises war bereits ein Käufer gefunden. 

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Ulrike Eschenbecher

ist freie Journalistin und Autorin