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PORT D'ANDRATX: Die Hügel rund um die pittoreske Bucht im Südwesten zählen zu den begehrtesten und teuersten Wohnlagen Mallorcas | Foto: Eduardo Marquez

Es brummt wieder auf Mallorca! 2021 war für die Immobilienmakler der Insel eines der besten, für viele sogar das beste Geschäftsjahr überhaupt. 2022 hat so stark begonnen, dass es erneut zu einem Rekordjahr werden könnte.

Normalerweise geht es ab dem Feiertag der Heiligen Drei Könige Anfang Januar bis in den März hinein in den Büro und Shops der Immobilienvermittler deutlich ruhiger zu. Davon war in diesem Jahr nichts zu spüren. Nie zuvor waren Mallorca-Immobilien so begehrt, nie zuvor waren Käufer so entschlossen, sich ein Haus oder eine Wohnung auf der Insel zu kaufen.

In zwei Jahren Pandemie, Homeoffice und Einschränkungen scheint bei sehr vielen die Erkenntnis drastisch gewachsen zu sein, dass man sich Träume erfüllen und das Jetzt genießen sollte, dass Immobilien in begehrten Lagen krisensichere und lohnende Investionen sind, dass es sich auch von anderen Orten aus arbeiten lässt und dass es nicht schadet, bei künftigen Krisen über ein alternatives Domizil zu verfügen.

Eine Insel, zwei Märkte

Exakt 14.146 Immobilien wechselten 2021 auf den Balearischen Inseln die Besitzer. Damit wurden trotz Corona fast die Zahlen der bisherigen Rekordjahre 2017 und 2018 erreicht. Offizielle Stellen beziffern den letztjährigen durchschnittlichen Quadratmeterpreis auf den Balearen mit 3.607 Euro. Das ist nahezu doppelt so viel wie der landesweite Durchschnitt von 1.863 Euro und der höchste Wert in ganz Spanien. Der Wertzuwachs gegenüber dem Vorjahr wird mit knapp fünf Prozent beziffert.
 
Wer ein Domizil im Süden erwerben möchte, kann mit diesen Preisen allerdings nur eingeschränkt etwas anfangen. Sie beziehen sich auf die Gesamtheit aller letztjährigen Transaktionen und zeigen eine allgemeine Tendenz. Mallorcas Immobilienmarkt setzt sich aus zwei weitgehend voneinander getrennten Märkten zusammen: dem der Einheimischen und dem der Ausländer. Mallorquiner suchen in der Regel bezahlbare, urbane Immobilien mit sozialer Infrastruktur und kurzen Wegen zum Einkaufen und zur Schule.
 
Der Markt der Ferienimmobilien, Zweit­wohnsitze oder Ruhestandsdomizile sieht anders aus. Die Klientel ist deutlich älter, meist recht wohlhabend und stammt überwiegend aus Deutschland, vom spanischen Festland, aus Großbritannien, Skandinavien, aus Österreich oder der Schweiz. Es zählen Meerblick, die Nähe zum Strand und zu touristisch attraktiven Orten. Beliebt ist auch die Finca in ländlicher Idylle, mit Blick auf Olivenhaine, Schafsweiden oder die Tramuntana-Berge.

Die Interessen beider Gruppen überschneiden sich kaum. Prägnantes Beispiel sind die beiden Andratx’ im Südwesten der Insel. Im Ort Andratx sind die dort lebenden knapp 7.000 Mallorquiner das ganze Jahr über weitgehend unter sich, im vier Kilometer entfernten Port d’Andratx teilen sich die knapp 3.000 Einheimischen ihr Dorf und die pittoreske Bucht mit Tausenden dort teilweise oder ganzjährig lebenden ausländischen Hausbesitzern sowie Hunderttausenden Besuchern.

Die Kehrseite der Medaille

Früher galt Mallorca als ein Armenhaus Spaniens, heute zählt die Insel zu den reichsten Regionen des Königreiches. Tourismus und Bauwirtschaft sind die beiden wichtigsten Wirtschaftszweige. Viele mallorquinische Familien haben es durch den Fremdenverkehr und/oder den Verkauf ihrer Immobilien zu Wohlstand gebracht.

Die Kehrseite der Medaille: Für Normalverdiener wird es immer schwerer, sich auf der Insel ein eigenes Zuhause zu leisten. Die links-okölogische Partei Més de Menorca hat kürzlich vorgerechnet, dass eine Wohnung heute 16,5 durchschnittliche Jahresgehälter kostet, und als Konsequenz gefordert, den Immobilienerwerb auf den Balearen für Ausländer zu begrenzen. Auch wenn der Vorschlag kaum Chancen auf EU-rechtliche Umsetzung hat, so repräsentiert er doch eine Grundstimmung eines Teils der knapp 950.000 Mallorquiner.

Die Situation ist noch nicht so gravierend wie auf der 36-mal kleineren Nordseeinsel Sylt, wo die Einheimischen zunehmend aufs Festland ziehen und zum Arbeiten auf der Insel den Zug über den Hindenburgdamm nehmen müssen. Noch gibt es in Palma Viertel und auf der Insel Städte und Dörfer, die nicht von ausländischen Käufer „entdeckt“ wurden. Aber das wird sich ändern. Es gab Zeiten, da hatte kein Zugereister Interesse, sich in Palmas Santa Catalina, Portixol oder in Sa Gerreria umzuschauen. Heute sind Immobilien in diesen In-Vierteln heiß begehrt und werden zu Höchstpreisen gehandelt.

Auch auf dem Land tut sich einiges. Die seit 2020 geltenden neuen Baubestimmungen für ländliche Grundstücke sollen nicht nur Umweltaspekte berücksichtigen, sondern die Lust auf Immobilienerwerb dämpfen. In ländlichen Gebieten wurden die zulässigen Neubau-Quadratmeterzahlen halbiert. Wo früher zum Beispiel 500 Quadratmeter bebaute Fläche erlaubt waren, müssen sich Bauherren jetzt auf 250 Quadratmeter beschränken. Swimmingpools dürfen nicht mehr größer als 35 Quadratmeter sein. Es kommt auch darauf an, in welcher definierten Zone ein Areal liegt. Bebaubare Finca-Grundstücke müssen Größen von mindestens 14.000 Quadratmeter, in einigen Regionen sogar 50.000 Quadratmeter haben.

Hinzu kommt: In den ersten fünf Jahren nach Fertigstellung darf nicht vermietet werden. Wie es nach dieser Sperre aussieht, steht in den Sternen. In den nächsten vier Jahren werden überhaupt keine Vermietungslizenzen mehr erteilt, auch nicht für Bestandsimmobilien. Diese Entwicklung hat die Nachfrage nach Grundstücken mit schon vor der Novellierung erteilten Baugenehmigungen und Bestandsimmobilien mit Vermietungslizenz noch einmal deutlich erhöht.

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VALLDEMOSSA: Der malerische Ort in der Serra de Tramuntana im Westen Mallorcas zählt zu den meistfotografierten Motiven der Insel | Foto: Eduardo Marquez
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TOPLAGEN: Als teuerste Wohnlagen der Insel gelten Palmas Villenviertel Son Vida, Alt-Bendinat sowie Port d’Andratx im Südwesten | Foto: Eduardo Marquez

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PORT ADRIANO: Knapp 500 Boote und Yachten mit Längen bis zu 100 Meter finden im 2012 eröffneten, von Philippe Starck entworfenen Yachthafen in El Toro bei Santa Ponça Platz | Foto: Eduardo Marquez

Keine Zeit für Unentschlossene

Wer sich für eine Immobilie auf Mallorca interessiert, sollte einige Hinweise und Anregungen beherzigen.
Einer aktuellen Studie zufolge sind derzeit auf der Insel rund 3.750 Villen, Fincas, Stadthäuser, Apartments und Grundstücke in dem für Ausländer relevanten Segment im Angebot. Diese im Vergleich zu deutschen Metropolen hohe Zahl erklärt sich nicht zuletzt durch die schnellere Umschlagsfrequenz. Ferienobjekte stehen generell meist schon ein paar Jahre nach dem Kauf wieder zum Verkauf.

Mallorca gilt heute als „Verkäufermarkt“. Die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot. Wer eine passende Immobilie findet, darf nicht lange überlegen, sondern muss entschlussfreudig sein. Ein „Wir kommen zu Pfingsten und schauen uns das Haus an“ ist nicht ratsam. Auch ist es hilfreich, sich im Vorfeld über eine eventuelle Finanzierung zu informieren. Sonst kann es passieren, dass Bearbeitungszeit und die Frist einer Kaufoption kollidieren.
 
Der Verhandlungsspielraum ist kleiner geworden. Große Preisnachlässe sind in den meisten Fällen nicht zu erwarten. Dafür gibt es zu viele andere Interessenten. Es passiert sogar immer öfter, dass sich potentielle Käufer gegenseitig überbieten.

Nebenkosten sind nicht zu unterschätzen! Die Grunderwerbsteuer ist nach dem Kaufpreis gestaffelt. Insgesamt ist mit 10 bis 13 Prozent des Kaufpreises zu rechnen.

Die Maklercourtage zahlt in aller Regel der Verkäufer. Nur etwa zehn Prozent der Immobilien werden im Exklusivvertrag angeboten. Die große Mehrheit wird von mehreren Maklern angeboten. Interessenten sollten sich unbedingt bei einem oder mehreren Maklern ihres Vertrauens mit ihren Wunschvorstellungen „listen“ lassen. Wenn dann ein passendes Objekt auf den Markt kommt, gehört man zu den Ersten, die davon erfahren.

Nichts ohne einen Anwalt! Bevor etwas unterschrieben oder sogar bezahlt wird, müssen unbedingt Eigentumsverhältnisse und baurechtliche Aspekte von einem Anwalt oder der Rechtsabteilung der namhaften Maklerunternehmen geprüft werden. Es gibt immer noch zu viele Immobilien, deren An- oder Umbauten illegal sind oder die sonst einen Haken haben. Auch sollte man sich beraten lassen, in welcher Form man den Kauf gestaltet, ob als Einzelperson oder durch Gründung einer Gesellschaft.

Europas Luxus-Destination

Auch wenn Mallorca-Immobilien teuer sind, bislang hat sich eine Investition immer gelohnt. Die Insel zählt zu den Top-Destinationen Europas, bietet eine einzigartige Kombination aus Erreichbarkeit, Sicherheit, Schönheit, Klima, Freizeitangebot, Ruhe und Trubel. Das hat sich übrigens inzwischen bis nach Amerika herumgesprochen: Von Juni bis September fliegt United Airlines 3-mal pro Woche direkt von New York nach Palma de Mallorca.

Mallorca: Lagen & Preise

Südwesten, Palma, Westküste, Norden, Nordosten, Südosten – das Interesse der Kaufinteressenten erstreckt sich mittlerweile fast über die ganze Insel

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Claus-Peter Haller

ist Herausgeber von BELLEVUE.