Das eigene Weingut
Ob als neue Existenz oder für den Lebensabend – ein Weingut zu erwerben und Winzer zu werden, davon träumen nicht wenige Menschen. Doch neben dem Kauf gibt es noch einiges mehr zu beachten
So könnte auch ein guter Witz anfangen: „Was haben AC/DC, Brad Pitt und Günther Jauch gemeinsam?“ Nur dass es gar kein Witz ist, denn alle Genannten sind (oder waren) große Nummern im Weingeschäft. Den Traum vom eigenen Weingut haben nicht nur ihres Berufes überdrüssige Menschen oder hoffnungslose Romantiker – für so manchen Star war es eine echte Leidenschaft oder sogar eine Top-Investition.
Sänger Sting und seine Frau besitzen seit der Jahrtausendwende ein Weingut in der Toskana. Günther Jauch (Winzer des Jahres 2023) übernahm 2010 das Familienweingut an der Mosel. Brad Pitt und Ex- Frau Angelina Jolie ließen ebenso in Frankreich keltern wie Filmstar John Malkovich oder Schauspielerkollege Idris Elba, der einen eigenen Champagner produziert. Weitere prominente Weine stammen aus Portugal (Sänger Cliff Richard), den USA (Regisseur Francis Ford Coppola) oder Australien beziehungsweise Neuseeland (AC/DC und Sängerin Kylie Minogue).
Wer nun also Interesse daran hat, in die Fußstapfen der Star-Winzer zu treten, der sollte das vor allem nicht uninformiert tun.
Nicht blindlings ins neue Leben
Als Neu-Winzer gibt es einiges zu beachten. Der Weinkonsum: Ganz frisch sind die Zahlen des vergangenen Jahres, und die sind leider rückläufig. Nicht zuletzt aufgrund der steigenden Inflation achten die Menschen in Deutschland auch beim Wein auf die Preise. So sank der Durchschnittspreis der deutschen (4,47 Euro im Schnitt pro Liter) sowie der ausländischen Weine (3,72 Euro durchschnittlich je Liter) erstmals wieder leicht seit 2010. Was den mengenmäßigen Marktanteil angeht, liegen bei den ausländischen Weinen italienische Tropfen (18 Prozent) an der Spitze, gefolgt von spanischen (14 Prozent) und französischen Erzeugnissen (elf Prozent). Den größten Anteil haben deutsche Weine mit 41 Prozent.
Die Investition: In der Regel kosten deutsche Weingüter zwischen ein und vier Millionen Euro. In klassischen Anbauregionen Italiens oder Frankreichs muss man mitunter deutlich mehr aufbringen. Die Immobilie selbst, so sagen Experten, mache dabei einen Großteil des Investments aus. Je nach Größe und Zustand der Gebäude liegt er wohl zwischen 30 und 70 Prozent.
Wissenswert
Weinproduktion geht weltweit weiter zurück
Die weltweite Weinproduktion wird 2024 die niedrigste oder zweitniedrigste seit 1961 gewesen sein. Das besagen vorläufige Schätzungen der großen Produzentenländer (Italien, Spanien, Frankreich, USA und Länder der südlichen Hemisphäre), die drei Viertel der weltweiten Produktion ausmachen. Die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) rechnet mit einer Erntemenge von weniger als 250 Millionen Hektolitern, bedingt durch die weltweit extremen Wetterereignisse.
Die laufenden Kosten: Um zumindest die ersten zwei Jahre nach der Übernahme zu decken, bedarf es ausreichend Kapital. Diese Zeit wird erfahrungsgemäß benötigt, um Geld mit den eigenen Trauben zu verdienen. Das heißt auch, dass man die Kosten für das nötige Personal einplanen sollte. Selbst wenn es sich nicht um ein Weingut mit 100 Hektar Fläche handelt – ein professioneller Vitikulturist, der sich um die Pflege der Reben und die Arbeiten am Weinberg kümmert, sollte unbedingt beschäftigt werden. Er hat die Kenntnisse über den richtigen Boden, das sogenannte Terroir – unverzichtbar für einen erfolgreichen Weinanbau.
Ebenso sind ein Kellermeister, ein Agronom, ein Önologe und einige Landarbeiter von unschätzbarem Wert. Schließlich will und kann man nicht alles allein erledigen. Als Quereinsteiger geht vieles zumindest zu Beginn nicht unbedingt leicht von der Hand. Da ist fremde Hilfe Gold wert. Wie war das noch gleich damals in der Werbung für die Gelben Seiten? „Vielleicht hätte er jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt.“
Das Ziel: Wer guten Wein produzieren möchte, sollte unbedingt auf Klasse statt Masse setzen. Wichtig sind die Qualität und das Alter der Rebstöcke, der Zustand der Kelteranlagen und Fässer sowie der Pflegezustand der Ländereien. Hier sollte vor dem Kauf unbedingt fachkundiger Rat eingeholt werden. Denn bei aller Leidenschaft für die Hobbywinzerei: Know-how sollte definitiv vorhanden sein, damit aus dem Traum kein Alptraum wird.
BEL 03/25