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Klar zur Wende: In der „Sailing City“ herrscht Aufbruchsstimmung. Mit spannenden Immobilien-Projekten erhält die Kieler Innenstadt ein neues und lebendiges Gesicht

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In Kiel staut es sich eher zu Wasser als zu Land. Rund 35.000 Schiffe passieren jährlich den Nord-Ostsee-Kanal (Foto: Getty Images)

Direkte Wasserlage – auch für Autos

Kiel, das ist in erster Linie Wasser. Tief ragt die Ostsee in das Stadtgebiet, die Kieler Förde teilt die Innenstadt in Ost- und Westufer. Die nördlichste Groß­stadt Deutschlands ist auch Endpunkt des Nord-Ostsee-Kanals, der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt. Norwegenkai, Schwedenkai und Ostseekai bilden gemeinsam die deutsche Drehscheibe für den Schiffsverkehr in den skandinavischen Raum. Noch heute erinnert eine der größten Segelregatten weltweit, die „Kieler Woche“, an die historische Bedeutung des Seehafens Kiel.

Als bedeutender Marinestützpunkt war die Stadt leider auch ein strategisch wichtiges Kriegsziel. Rund 80 Prozent des Stadtgebiets wurden während des Zweiten Weltkriegs zerstört. In den Aufbaujahren ging es weniger um architektonische Schönheit als vielmehr darum, schnell und mit geringen Mitteln viel Wohnraum zu schaffen. Entsprechend nüchtern präsentierte sich die Innenstadt in den letzten Jahrzehnten. Und obwohl in Kiel jeder Spaziergang nach kurzer Zeit ans Wasser führt, wirkt es hier nach wie vor ein wenig leblos. Nur eine gute Handvoll Gastronomiebetriebe sind in der ersten Reihe zu finden – und den besten Blick haben oft die Autos, denn zahlreiche Park­­häuser liegen in Kiel direkt am Wasser. 

Doch im Oktober 2009 kam die Wende. Mit ihrem Rahmenkonzept „Perspektiven für die Kieler Innenstadt“ legte die Ratsversammlung die planerische Grundlage für die Weiterentwicklung des Stadtzen­trums. „Bis zum Jahr 2020 werden weitere privatwirtschaftliche Investitionen in Höhe von rund 344 Millionen Euro in der Innenstadt erfolgen. Zur Auf­wertung der öffentlichen Straßen- und Platzräume in Kiels Stadtzentrum sollen rund 33 Millionen Euro aufgewendet werden“, heißt es dazu auf der offiziellen Internetseite der Stadt Kiel.

Die ersten Großprojekte wie die Restrukturierung des Sophienhofs, die Um­gestaltung des Klosterplatzes und die „Wohnbebauung Bäckergang“ wurden bereits realisiert. Eine Schwerpunktmaßnahme der öffentlichen Investitionen ist nun die Entwicklung des Kleinen Kiel-Kanals, der mit dem bereits umgestalteten Bootshafen verbunden werden soll. Mit Gastronomiebetrieben und attraktiven Wohnlagen will die Stadt auf beiden Seiten der 
Holstenbrücke das urbane Leben am Wasser konzentrieren.

Dieser Wohnraum ist auch notwendig. Knapp 240.000 Einwohner zählt Kiel heute. 2006 sagte die Bertelsmann Stiftung langfristig einen leichten Rückgang der Bevölkerung vo­raus, 2010 korrigierten die Zukunftsforscher ihre Prognose und zählten Kiel zu den Zuzugsgewinnern. Bis 2025 soll die Stadt um weitere drei Prozent wachsen. Rund jeder zehnte Einwohner ist an der Christian-­Albrechts-Universität eingeschrieben, der einzigen Volluniversität des Landes Schleswig-Holstein.

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Hauptsache, Wasser und Blick auf die Förde: Wer es sich leisten kann, wohnt am innerstädtischen Westufer. Richtung Norden wird auch das Ostufer zum begehrten Standort

Angesichts der zahlreichen Bauprojekte ist auch der Immobilienmarkt konstant in Bewegung. Rund 2.000 Transaktionen meldet der Gutachterausschuss für 2015, und auch im ersten Halbjahr 2016 wurden bereits etwa 1.000 Immobilien verkauft. Wie im Rest der Republik sind auch in Kiel die Preise in den letzten Jahren um zehn bis 15 Prozent pro Jahr gestiegen, doch renditetechnisch ist die Stadt immer noch attraktiv. „Vor zwei bis drei Jahren haben Hamburger in Kiel nur gekauft, wenn sie einen Bezug zur Stadt hatten, mittlerweile ist das anders“, stellt Thimo Höpfner von Höpfner Immobilien fest.

Auch im Projektgeschäft haben die Großen ein Auge auf die Ostseestadt geworfen. Projektentwickler aus Hannover, Berlin oder Hamburg sind hier aktiv. Die Bedingungen dafür sind ideal – eine Mischung mit Bausünden aus den 50er- und 60er-Jahren und eine Stadtpolitik, die neuen Projekten gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Großinvestoren interessieren sich vor allem für Geschosswohnungsbau, die so genannten Zinshäuser. Vor allem das Westufer ist beliebt, doch die gute Lage schlägt sich auch im Preis nieder. „Die wenigen Angebote, die es gibt, werden durchschnittlich zum 18-fachen Netto-Mietwert gehandelt“, berichtet Johannes Möllerherm von Möllerherm Immobilien.

Im Vergleich zu anderen Großstädten in Deutschland ist das immer noch günstig, doch es geht noch preiswerter. Beispielsweise in Gaarden, einem von sozialem Wohnungsbau geprägten Stadtteil am Ost­ufer. Hier sind noch Zinshäuser mit zwölf- oder 13-fachem Multiplikator zu haben. Allerdings ist Gaarden zu Teilen ein sozialer Brennpunkt, hier kommt es auf die Mikrolage an. Wer in der richtigen Straße investiert, kann je nach Zustand mit Einnahmen zwischen 5,50 und 7 Euro pro Qua­dratmeter rechnen.

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Mit innovativen Projekten wie dem Schwedenkai werden die innerstädtischen Wasserlagen neu entwickelt und Akzente gesetzt (Foto: Getty Images)

„In guten Lagen sind die Mieten auch entsprechend höher, doch bei 12,50 bis maximal 14 Euro ist bei grö­­ßeren Wohnungen die Grenze erreicht“, ist Peter Plambeck von der GVI Immobilien GmbH überzeugt. Bei diesen Preisen werde dann schon der Kauf als Alternative überlegt. Die Makler stellen momentan einen regelrechten Run auf die Innenstadt fest, die Maßnahmen zur Stadtentwicklung zeigen positive Auswirkungen. Die meist zahlungskräftigen Best Ager kehren für ihren dritten Lebensabschnitt gern zurück in eine Stadt, die kurze Wege und eine hohe Lebensqualität bietet. Doch auch Familien bevorzugen die Innenstadt. Sie machen angesichts der höheren Preise eher beim Immobilientyp Abstriche, erwerben also lieber ein Reihenhaus in zentraler ­Lage als ein frei stehendes Einfamilienhaus im Umland.

Mit ihrer Initiative zur Stadtbelebung haben die politischen Entscheider die richtigen Weichen für Kiel gestellt. Die positive Stimmung ist zu spüren, nicht nur bei den örtlichen Maklern, sondern auch auf den Straßen der Fördestadt. 

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Ulrike Eschenbecher

ist freie Journalistin und Autorin