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FOTOS: iStock.com/golero

Dass Deutschland vor einem Mangel an Pflegeplätzen steht, dürfte inzwischen allgemein bekannt sein. Auch das Analyseunternehmen Bulwiengesa kam in einer aktuellen Studie im Auftrag des Pflegeimmobilien-Anbieters Cureus zu diesem Ergebnis. Demzufolge werden bis zum Jahr 2040 geschätzt etwa 472.000 neue Pflegeplätze benötigt. Und der Anteil der pflegebedürftigen Personen wird von aktuell rund 4,15 Millionen auf dann knapp 5,4 Millionen steigen, so die jüngsten Zahlen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (siehe Grafik auf der rechten Seite).

Ein weiterer Punkt, der für ein Investment in diesem Markt spricht, ist, dass nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Bestandsimmobilien in diesem Segment rasant altern. Viele Anlagen sind in die Jahre gekommen, ohne entsprechend modernisiert zu werden. Nun hinken sie den heutigen Anforderungen hinterher, und nicht selten ist der Bau neuer Gebäude günstiger als die Sanierung der vorhandenen Immobilien.

Wie trendy der Markt für Gesundheitsimmobilien ist, zeigt eine Untersuchung der internationalen Immobilienberatung Cushman & Wakefield. Demnach betrug das Investmentvolumen am Gesundheitsimmobilienmarkt in Deutschland allein in den ersten drei Quartalen 2022 rund 1,66 Milliarden Euro – nahezu der gleiche Umsatz wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Immobiliendienstleister CBRE bezifferte das Volumen in diesem Zeitraum sogar auf 2,1 Milliarden Euro. Der Boom liegt nicht zuletzt daran, dass Pflegeheimprojekte zunehmend in einzelne Apartments unterteilt und an Privatanleger verkauft werden.

Vorteil – kein Kontakt zum Mieter

Mit einer so genannten Pflegeimmobilie erwirbt man ein Apartment, also eine – in der Regel – kleine Eigentumswohnung. Anders als bei einer vermieteten Eigentumswohnung, bei der ein Mietvertrag mit einem Einzelmieter abgeschlossen wird, ist bei einer Pflegeimmobilie das gesamte Haus an einen Betreiber vermietet. Das bedeutet für den Käufer der Wohnung, dass der gleiche Vertragspartner langfristig erhalten bleibt. Der Betreiber der Pflegeeinrichtung tritt oft als Generalmieter für die Laufzeit eines Mietvertrages von 15 oder 20 Jahren auf.

Vorteile: gute Rendite, niedrige zusätzliche Kosten

Die lange Laufzeit des abgeschlossenen Mietvertrages bedeutet für den Eigentümer zunächst eine hohe Sicherheit. Denn bei den zu erzielenden Mieten über die vereinbarte Laufzeit muss kein Leerstand und damit einhergehender Mietausfall befürchtet werden. Oft übernimmt es der Betreiber der Wohnanlage auch, dass die einzelnen Pflegeapartments renoviert und damit optisch immer in einem guten Zustand verbleiben. Das senkt die laufenden Kosten für den Kapitalanleger.

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GRAFIK: Jochen Schäfers/Yamori

Knackpunkt Betreiber

Auf die Auswahl des Betreibers sollte in jedem Fall gut geachtet werden. Gerät dieser nämlich in wirtschaftliche Schwierigkeiten, kann die Wohnung nicht wie bei „normalen“ Immobilien einfach an einen anderen Interessenten vermietet werden.

Jedoch wird das Risiko, dass eine Betreibergesellschaft pleitegeht, eher als gering eingeschätzt. So taxierte die bekannte Berater- und Wirtschaftsprüferfirma Ernst & Young die Ausfallwahrscheinlichkeit in der jüngsten Vergangenheit auf gerade einmal 1,5 Prozent.

Dennoch müssen nicht nur die Lage der Immobilie, die Qualität der Ausstattung und des Baus wie bei jeder anderen Wohnung auch beurteilt werden. Und das ist oftmals schwierig genug. Zur Kaufentscheidung für eine solche Wohnung kommt eben auch die Prüfung des Betreibers. Wer sich in dem Marktsegment nicht gut auskennt, dürfte mit einer fundierten Einschätzung an seine Grenzen stoßen. Daher kann es sich lohnen, einen unabhängigen Experten hinzuzuziehen

Anlage für Profis?

In den vergangenen Jahren haben sich die rechtlichen Grundlagen bei der Ausstattung von Pflegeapartments geändert. Dies kann auch in Zukunft wieder der Fall sein. Weil es sich nicht nur um den Kauf einer Wohnung allein, sondern zugleich um die Einschätzung der langfristigen Stärke und Ertragskraft des Betreibers handelt, sollten sich besser Kaufinteressenten mit dem Kauf einer Pflegeimmobilie befassen, die sich die Abschätzung der Folgen dieser Kaufentscheidung wirklich zutrauen.

Fazit: Als Einstieg in den Kapitalanlagemarkt eignen sich Pflegeimmobilien nur für risikofreudige Investoren. Die vielfach zitierte Sorglos-Immobilie ist das Pflegeapartment eher nicht, wohl aber ein Investment, dass durchaus lukrative Renditen verspricht. 

Expertentipp

„VIELE CHANCEN“

Marc-Philipp Unger über den Erwerb von Pflegeimmobilien

BELLEVUE: Wer sollte sich mit dem Investment in Pflegeimmobilien beschäftigen? 

MARC-PHILIPP UNGER: Anleger, die den demographischen Wandel als Chance nutzen wollen, sind in diesem Segment bestens aufgehoben. Die Nachfrage nach altersgerechtem Wohnraum wird auch in den nächsten Jahrzehnten rasant stei- gen. Kombiniert mit dem bevorzugten Belegungsrecht im Fall des Eigenbedarfs ist eine Kapitalanlage in eine Pflege- einheit ideal für den Vermögensaufbau und als Altersvorsorge.

Welche Chancen und Risiken gibt es?

Die Chancen:
• zukunftsstarkes Marktsegment
• hohes Wertsteigerungspotential aufgrund wachsender Nachfrage
• inflationsgeschützter Sachwert mit langfristigen und indexierten Mietverträgen
• attraktive Mietzinsen
• renommierte Betreiber als Vertragspartner
Insgesamt sind Investments in dieser Anlageklasse eher risikoarm. Dennoch sind Risiken nicht auszuschließen, wie zum Beispiel ein Finanzierungs- und Anschlussfinanzierungsrisiko, ein Fertigstellungsrisiko, die Anschlussvermietung und das Mietausfallrisiko, das Standortrisiko, um nur einige zu nennen. Zu bedenken ist, dass Risiken auch kumuliert auftreten können. Mit der Wahl des richtigen Investmentpartners lassen sich diese aber weitestgehend minimieren oder ausschließen.

Welchen Tipp sollten Käufer beherzigen?

Das wichtigste Anlage-Kriterium ist der Standort, da er sich auf die langfristige Rentabilität auswirken kann. Es ist ratsam, in einer Region mit einer wachsenden Bevölkerung und somit hohem Bedarf an Pflegeplätzen zu investieren.

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MARC-PHILIPP UNGER Vorstandsvorsitzender DI DEUTSCHLAND.Immobilien, Hannover

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Sven Heinen

ist Redaktionsleiter bei BELLEVUE.
Tel.: 040-593 625 040

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