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SPANNENDE ZEITEN Der Neubau in Deutschland durchlebt nach Boomjahren zurzeit eine Krise. Neue Wohnimmobilien können dennoch ein gutes Investment sein | FOTO: iStock.com/acilo

Neubauten bieten für viele Immobilienkäufer große Vorteile. Dass mit dem Kauf eines Neubaus auch bestimmte Risiken verbunden sind, zeigen die Insolvenzen verschiedener großer Bauträgerfirmen in Deutschland in den letzten zwölf Monaten. Wie sichern sich Immobilienkäufer ab und wie steht es eigentlich um den Neubau – im Vergleich zu den oft günstigeren Bestandsimmobilien? Hier ein Überblick:

Preisunterschiede bei Neu- und Altbau

Die Immobilienpreise werden einerseits durch Angebot und Nachfrage bestimmt. In Zeiten, in denen der Neubau sehr gut nachgefragt und das Zinsniveau niedrig ist, ist die Preissensitivität dabei nicht ganz so ausgeprägt, wie dies bei dem aktuell gestiegenen Zinsniveau wieder der Fall ist. Neben der Nachfrage als kaufpreisbestimmendem Faktor hängt der Neubau von Immobilien aber sehr viel stärker an den Preisen für Baumaterialien als eine Bestandsimmobilie. Die Preise für Bauarbeiten sind im Wohnungsneubau in den letzten drei Quartalen des Jahres 2022 um je circa 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im ersten Halbjahr 2023 sind Baumaterialien wie zum Beispiel Zement um etwas über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr teurer geworden. Diese starke Verteuerung von Baupreisen und Baumaterialien schlägt auch auf die Angebotspreise für Neubauimmobilien durch. Wenn dann noch das Bauland für einen Neubau im Preis gestiegen ist, fällt die Preissteigerung im Neubau deutlich aus, und Neubauwohnungen oder Häuser sind dann weitaus teurer als Bestandsimmobilien.

Grundstücksanteil bei einer Wohnung

In der Regel kann die eben erwähnte Faustformel auch für Eigentumswohnungen angewendet werden. Weil die bauliche Auslastung auf einem Grundstück mit mehreren Wohnungen etwas höher ist, liegt oft auch der Grundstückspreis je Quadratmeter etwas höher. Dafür teilen sich mehrere Grundstückseigentümer einer Wohnanlage diesen Grundstücksanteil an den Gesamtkosten.

Energiestandards für Neubauten

Die im Jahr 2024 geltenden Regelungen bei Neubauten haben keine weitere Verschärfung des Neubaustandards bei Wohnimmobilien mit sich gebracht. Weiterhin gilt der energetische Standard Effizienzhaus 55 als Neubaustandard. Das bedeutet, dass ein Neubau 55 Prozent eines durch das Gebäudeenergiegesetz definierten Referenzgebäudes an Energie verbrauchen darf. Das ist schon sehr gut und spart bei den warmen Nebenkosten angesichts der hohen Energiepreise sehr viel Geld monatlich.
Allerdings gibt es auch den Neubaustandard Effizienzhaus 40, bei dem das neu errichtete Gebäude maximal 40 Prozent Energie im Vergleich zum Referenzgebäude verbrauchen darf. Die Fördermittel und die zinsvergünstigten Darlehen der KfW sind an diesen besseren und klimafreundlicheren Standard geknüpft.

Wie hoch ist der Grundstücksanteil?

Die Preise für Bauland können anhand der Veröffentlichungen der regionalen Gutachterausschüsse gut abgelesen werden. In den Jahren mit einer sehr starken Nachfrage nach Immobilien sind die Preise für Grundstücke in vielen Städten und Gemeinden stark gestiegen. Für das Jahr 2023 weisen die Marktberichte der Gutachterausschüsse praktisch keine Preissteigerungen mehr aus. Eine Faustregel besagt, dass der Grundstücksanteil beim Neubau etwa 20 Prozent des Wertes der Gesamtimmobilie ausmacht.

Das nehmen oft auch die Finanzbehörden an, wenn es um die Aufteilung des Kaufpreises in Gebäude und Grund und Boden für die Bemessungsgrundlage der Abschreibung geht.

Der größte Vorteil des Neubaus

Die Auswahlmöglichkeit einer energetisch optimierten Immobilie ist im Neubau oft deutlich höher als bei Bestandsbauten, auch als bei sanierten Bestandsbauten. Der energetische Standard schafft Sicherheit bei den monatlichen warmen Nebenkosten. Je höher und besser der energetische Standard einer Immobilie, desto geringer fallen die monatlichen Nebenkosten aus.

In einem Rechenbeispiel eines in Hamburg neu errichteten Mehrfamilienhauses mit Effizienzhausstandard 40 (tatsächliche Auswertung) liegen die warmen Nebenkosten um etwa 65 Prozent unter den durchschnittlichen Nebenkosten anderer Haushalte, die anhand der Veröffentlichungen zu den Nebenkosten durch den Mieterbund ermittelt worden sind.

Konkret betrugen die warmen Nebenkosten in diesem Effizienzhaus 40 für Heizung und Warmwasser nur 4,40 statt 12,36 Euro pro Quadratmeter und Jahr in Wohnungen ohne Effizienzmaßnahmen.

Risiken beim Kauf vom Bauträger

In den letzten Monaten gab es verschiedene Meldungen von Insolvenzen größerer Bauträgerfirmen, wodurch auch viele Käufer von zwar gekauften, aber noch nicht fertiggestellten Immobilien betroffen waren. Die Insolvenz des Bauträgers oder Bauunternehmens stellt für die Käufer einer neu zu errichtenden Immobilie insofern ein Risiko dar, als es zu Zeitverzug bei der Fertigstellung kommen kann und zudem auch finanzielle Schäden bei den Käufern auftreten können. Oft verhält es sich so, dass die Preisgarantie, die der ursprüngliche Vertragspartner gegeben hat, bei der Übernahme eines „steckengebliebenen“ Bauvorhabens in der Regel nicht mehr gilt.

Deshalb ist es so wichtig, sich in dem Bauvertrag abzusichern.

ZAHLUNGSPLAN NACH BAUFORTSCHRITT

Wer mit dem Bauträger baut, sollte Teilabnahmen festlegen.
Bei festgestellten Mängeln kann man das Geld bis zur vertraglichen Erfüllung zurückhalten
Die Zahlungen für einzelne Bauabschnitte sehen nach MaBV so aus:

• 40% nach Rohbaufertigstellung, einschließlich Zimmererarbeiten

• 8 % für die Herstellung der Dachflächen und Dachrinnen

• 3 % für die Rohinstallation der Heizungsanlagen

• 3 % für die Rohinstallation der Sanitäranlagen

• 3 % für die Rohinstallation der Elektroanlagen

• 10 % für den Fenstereinbau, einschließlich Verglasung

• 6 % für den Innenputz, ausgenommen Beiputzarbeiten

• 3% für den Estrich

• 4 % für die Fliesenarbeiten im Sanitärbereich

• 12 % nach Bezugsfertigkeit und Zug um Zug gegen Besitzübergabe • 3% für die Fassadenarbeiten

• 5% nach vollständiger Fertigstellung

Das finanzielle Risiko mindern

Das finanzielle Risiko einer Insolvenz wird für den Käufer einer Immobilie umso geringer, je weniger hoch die finanzielle Vorauszahlung der Käuferpartei im Vergleich zum Stand des Baufortschritts ausfällt. Angenommen, eine Käuferpartei bezahlt den gesamten Kaufpreis einer Immobilie im Voraus, und die Immobilie ist erst zu 50 Prozent fertiggestellt, wenn der Bauträger pleite ist, dann ist der finanzielle Schaden für die Käuferpartei hoch. Daher sieht die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) einen Zahlungsplan nach dem Baufortschritt vor (siehe Kasten am Ende des Textes). Auch die Vorschriften im BGB zum Verbraucherbauvertrag und Verbraucherbauträgervertrag sehen Abschlagzahlungen vor.

Was ist der beste Schutz für Käufer?

Achten Sie darauf, dass der Kaufpreis erst dann entrichtet wird, wenn die Immobilie fertig gebaut und übergabefähig errichtet ist. Viele Bauträger beginnen aber mit dem Verkauf von Wohnungen und Häusern schon vom Plan weg. Dann ist das finanzielle Risiko für die Käuferpartei größer. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass die Käuferpartei nicht in finanzielle Vorleistung tritt. Wird eine nicht fertiggestellte Immobilie erworben, sollte der Zahlungsplan immer vorsehen, dass Teilbeträge für schon fertig erbrachte Teilbauleistungen bezahlt werden und die Teilzahlung nicht vor dem Beginn der Teilbauarbeiten erfolgt. Der Bauvertrag/Bauträgervertrag sollte deshalb im Hinblick auf die Formulierungen bei den Teilzahlungen genau überprüft werden.

Käufer einer Immobilie sollten im Zweifel einen Anwalt und einen Bausachverständigen hinzuziehen. Der Anwalt prüft die Formulierungen im Vertrag auf versteckte Vorauszahlungen, und der Bausachverständige prüft, ob die Bauleistungen wirklich erbracht wurden, wenn der Bauträger die nächste Teilzahlung anfordert.

Weitere Schutzmöglichkeiten

In einem Bauvertrag/Bauträgervertrag kann eine weitergehende Sicherheit durch Stellung einer Bankbürgschaft für die Vorauszahlungen erreicht werden. Auf eine Fertigstellungssicherheit haben Käufer gemäß § 650 m Abs. 2 BGB einen gesetzlichen Anspruch. Diese deckt fünf Prozent der Bausumme ab.

Einen sehr wirksamen Schutz für Käufer bietet auch eine Baugarantieversicherung, die der Bauträger bereitstellt. Diese Garantie macht – genau wie die Bürgschaft – einen bestimmten Anteil am Kostenvolumen aus. Die Banken verlangen dafür oft etwa drei Prozent der Gesamtbaukosten. Dieser Betrag wird vom Bauträger auf die Baukosten umgelegt und verteuert damit das Bauvorhaben für den Erwerber. Die damit verbundene Sicherheit bei der Fertigstellung ist jedoch für die Käuferpartei so wichtig, dass sich die Einbeziehung einer solchen Fertigstellungsgarantie unbedingt empfiehlt.

Gewährleistungsbürgschaft vereinbaren

Die Gewährleistungsbürgschaft ist ebenfalls sehr wichtig. Diese schützt aber nicht vor einem Ausfall des Bauträgers während der Bauzeit, sondern deckt die nach der Übergabe der fertig gebauten Immobilie möglicherweise anfallenden Gewährleistungsansprüche bei späteren Mängeln ab. Deshalb sollte eine Gewährleistungsbürgschaft für die Mängelbeseitigung innerhalb der Gewährleistungsfrist und für die Zeit nach der Übergabe vereinbart werden.


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Sven R. Johns

ist Rechtsanwalt und Partner bei Mosler + Partner Rechtsanwälte München/Berlin. Zuvor war er Bundesgeschäftsführer des Immobilienverbandes IVD.

BEL 02/24