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Wenn Sie einen Immobilienexperten fragen, welche Dinge beim Immobilienkauf am wichtigsten sind, dann wird er wahrscheinlich Folgendes sagen: „Lage, Lage, Lage.“ Auch wenn diese Aussage für viele ein alter Hut ist, sind dies tatsächlich die drei wichtigsten Kriterien für den Kauf. Nahezu alle anderen Faktoren können nachträglich verändert werden – sei es die Größe, der Zustand oder die Ausstattung. Doch die Lage ist und bleibt (in den aller- meisten Fällen) so, wie sie ist. Darum ist sie so wichtig. Und deswegen ist es unumgänglich, jeden Einsteiger, aber auch so manchen Profi immer wieder auf diesen essenziellen Punkt hinzuweisen.

Nur – was macht sie denn aus, die gute Lage? Wer bestimmt denn, ob es sich um eine wirklich gute Lage handelt? Nehmen wir das Beispiel der Pandemie: Ist die Lage mitten in der Stadt besser, nur weil sie teurer ist? Womöglich erachten mehr Menschen, da es seit einiger Zeit um Themen wie Abstand oder Homeoffice geht, nicht die Urbanität der Wohnung im oberen Stockwerk des Mehrfamilienhauses als das Nonplusultra. Vielmehr ist das kleine Häuschen mit Garten und guter Infrastruktur am Stadtrand gefragt. Verschiedene Studien und Umfragen haben gezeigt, dass für viele der Freiraum entscheidend ist und sich vermehrt Menschen vorstellen können, auf Dauer auf dem Land zu leben – allerdings in Schlagdistanz zur Stadt.

Und auch bei Ferienimmobilien gibt es klare Kriterien: Die Nähe zum Wasser ist zum Beispiel für viele Interessenten erstrebenswert. Und je näher die Immobilie an Meer oder See liegt, desto kostspieliger ist sie – in der Regel. Doch hier spielt die subjektive Betrachtung eine große Rolle. So sorgen Meersalz und Feuchtigkeit oft für einen erhöhten Modernisierungsaufwand. Frei nach dem Motto: Wenn du das Meer siehst, sieht das Meer auch dich. Zudem sorgt Wasser auch für eine höhere Zahl an Spinnen und Insekten sowie nicht selten auch für einen höheren Geräuschpegel durch Touristen, Bootsfahrer etcetera – alles nicht unbedingt jedermanns Sache. Nutzt man die Ferienimmobilie jedoch nur selten selbst und vermietet sie, hilft die Wassernähe wiederum, deutlich höhere Mietpreise erzielen zu können.

Klar ist: Mit dem Wohlstand einer Region steigen auch die Preise. Die Münchner werden wissen, was gemeint ist, denn seit geraumer Zeit sind die Immobilienpreise dort am höchsten. Auch in Hamburg, Frankfurt oder Düsseldorf ist es teuer – eben in den begehrten Metropolen. In diesen Regionen wird im Vergleich zu den preisgünstigsten der 100 größten deutschen Städte, wie etwa Cottbus oder Wilhelmshaven, ein Vielfaches für ein Grundstück, ein Haus oder eine Wohnung fällig (siehe Index auf den Seiten 48/49). Allerdings ist inzwischen auch das Umland der Großstädte nicht mehr das Allheilmittel. So sind laut der aktuellen Studie „Wohnen in Deutschland“ der Sparda-Banken die Kosten für Wohneigentum in den deutschen Städten zwar deutlich höher als auf dem Land. Allerdings stiegen die Preise im Umland von Berlin, München, Köln, Hamburg und Stuttgart seit Jahren zum Teil deutlich stärker als in den Metropolen selbst. Ob sich das im Zuge von gesetzlichen Sanierungsauflagen, Heizungstausch und gestiegenen Energiepreisen so fortsetzen wird, ist aktuell schwer zu beurteilen.

Fakt ist: Je besser die Lage, desto wertbeständiger ist die Immobilie. Dass damit auch ihr Preis steigt, versteht sich quasi von selbst. Die Lage ist entscheidend für den aktuellen Preis und die künftige Wertentwicklung. Da es sich bei Immobilien in der Regel um lang- oder zumindest längerfristige Investitionen handelt, ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Lage auch langfristig gut ist. Dabei spielt nicht nur der Standort der Immobilie selbst, sondern auch das direkte und weitere Umfeld eine nicht unerhebliche Rolle.

Man unterscheidet daher zwischen der Makrolage und der Mikrolage einer Immobilie. Bei der Makrolage geht es um die Region, die Stadt oder den Stadtteil des Objektes. Und auch die Lage innerhalb Deutschlands spielt eine Rolle. Was nützt mir das beste Haus in einer Toplage, wenn die wirtschaftlichen Rahmendaten der Region nicht stimmen? Die Erfahrung zeigt, dass ein in Baustil, Baujahr, Zustand und Größe vergleichbares Objekt in Stuttgart einen zehnmal so hohen Kaufpreis erzielt wie im fränkischen Hof.

Bei der Mikrolage sind es wohl eher die unmittelbaren Bedingungen vor Ort, die bestimmend sind – wie Bevölkerungsstruktur, Lärmbelästigung, Verkehrsanbindung, eine gute Infrastruktur bezüglich medizinischer Versorgung, Schulen, Kitas oder Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten. Auch das Image des Stadtteils kann mitunter eine entscheidende Rolle spielen. Eine Immobilie in einem guten, gewachsenen Viertel wird wertbeständiger sein als ein Objekt im Problemkiez. Der Vorteil für einen Anleger könnte jedoch darin liegen, dass schlechtere Lagen oft niedrigere Preise bedeuten, dafür aber mit höheren Renditen bei Mietobjekten locken. Die Wertsteigerungspotentiale sind dagegen in besseren Lagen deutlich wahrscheinlicher.

Wie die ideale Wohnlage aussieht, das muss jeder Mensch für sich selbst beurteilen – und das hängt sicher auch von seinem Alter und der Lebensphase ab, in der er sich befindet. Auch Familienstand und Alter der einzelnen Familienmitglieder spielen eine Rolle. Junge Familien mit Kindern werden eine jüngere Bevölkerungsstruktur im direkten Umfeld bevorzugen, Singles wohl eher die Stadtwohnung dem Landleben vorziehen, weil für sie vor allem kulturelle Angebote in der näheren Umgebung wichtig sind. Bei der Lage kommt es nicht zuletzt auch auf die ganz subjektive Betrachtung an. So sind für den einen nahe Grünanlagen oder sogar der Baum vor dem Fenster wichtig, für den anderen hingegen ist das womöglich ein schlechtes Lagekriterium, weil der Park für eine höhere Geräuschbelästigung sorgt und das dichte Blattwerk des Baumes seine Wohnung verdunkelt.

Eins sollte jedoch keinesfalls vergessen werden: Entscheidet man sich für die Urbanität der Stadt, ist es nicht selten vorbei mit der idyllischen Ruhe. Ob Straßen- und Fluglärm, Schiffsverkehr, Rasenmäher, Bohrmaschine oder die Musik des Nachbarn, Sportanlagen oder Gewerbelärm – rund um die Uhr verursachen Geräusche Stress. Das kann auf Dauer krank machen und sollte bei der Kaufentscheidung miteinbezogen werden.

Im Übrigen gelten die genannten Kriterien vollkommen unabhängig davon, ob Sie die Immobilie für sich selbst nutzen möchten oder diese „nur“ als Kapitalanlage erwerben. Die Faktoren bleiben in jedem Fall relevant, nur muss man als Investor noch die Frage der Vermietbarkeit analysieren. Dabei waren die Veränderungen für Neuvermietungen im Lauf der vergangenen Dekade für Vermieter unterschiedlich – aber dennoch meist positiv. Trotzdem: So langweilig es auch sein mag, unterm Strich bleibt das Fazit, dass die drei wichtigsten Kriterien beim Immobilienkauf weiterhin die Folgenden sind: die Lage, die Lage und nochmals die Lage.

Im neuen Ratgeber 2023 finden Sie die Tipps der Experten, sowie die aktuellen Immobilienpreise der 100 größten Städte in Deutschland

Berlin: Angesagt und weiter wachsend

Lars Schriewer, ACCENTRO in Berlin, über die Anziehungskraft der Hauptstadt, gefragte Objekte und die Vorteile des Immobilienkaufs

München: Von Stillstand keine Spur

Miriam Schnitzke, Duken & v. Wangenheim in München, über die Vorzüge der Isarmetropole, zurückhaltende Stimmung und positive Ausblicke in die Zukunft

Köln: Zeiten der Veränderung

Marc Odenthal, Marc Odenthal Immobilienmanagement in Köln, über das gestiegene Angebot, Entwicklungen auf dem Mietmarkt und die preisliche Talsohle

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Marvin Jeske, Marvin Jeske Immobilien in Frankfurt, über die aktuelle Situation in Mainhattan, besondere Immobilien und kommende Entwicklungen

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Kerstin Schmid, E & G Private Immobilien in Stuttgart, über neue Investitionsperspektiven, bonitätsstarke Käufer und neue Wohnkonzepte

Düsseldorf: Lebensqualität und Lage

Nadine Baum, Baum Immobilien in Meerbusch, über das internationale Renommee der Stadt, aktuelle Entwicklungen und die Langfristigkeit der Immobilie

 


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Sven Heinen

ist Redaktionsleiter bei BELLEVUE.
Tel.: 040-593 625 040

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