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ILLUSTRATION: Tobias Rieger

Die meisten Käufer können den Kaufpreis für ihre Immobilie nicht so einfach vom Konto überweisen, sondern müssen ihn von einem Kreditinstitut finanzieren lassen. Dieser Kredit wird auch Hypothekendarlehen, Hypothek, Baugeld oder Bauzins genannt. Das Wort Hypothek stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Pfandrecht“. Hypothekendarlehen sind in der Regel deutlich günstiger als zum Beispiel Privatkredite, weil sich die Bank als Sicherheit im Grundbuch eintragen lässt. Wenn also die Raten dauerhaft nicht mehr gezahlt werden können, geht die Immobilie in den Besitz der Bank über.

Die Höhe der monatlichen Belastungen hängt von mehreren Faktoren ab, zum Beispiel vom Zinssatz, von der Laufzeit, der Höhe der Tilgung, der Bonität des Käufers und natürlich von Lage und Zustand des Objektes. Doch der Reihe nach ...

Zinsen

Zinsen sind die Gebühr, die man den Geldinstituten für das Leihen von Geld zahlt. Sie richten sich nach den Leitzinsen der Bun- desbank und der Europäischen Zentralbank (EZB). Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem sich Banken wiederum von der EZB Geld leihen. In den letzten Jahren lag der Euro-Leitzins bei oder knapp über null Prozent. Aktuell (April 2023) liegt er bei 3,5 Prozent. Der Zinssatz, den die Banken ihren Kunden berechnen, liegt in der Regel 0,5 bis zwei Prozent über diesem Leitzins. Wer Ende 2021 einen Darlehensvertrag abschloss, konnte sich über Zinsen von unter einem Prozent freuen. Wer Mitte der 1980er-Jahre eine Hypothek abschloss, zahlte dafür zeitweise bis zu 12 Prozent Zinsen. Aktuell liegt der Zinssatz für Endverbraucher bei knapp vier Prozent. Wie viel Zinsen der Kunde nun genau zahlt, hängt besonders von drei Kriterien ab.

Erstens: die Bonität des Kunden. Ein Lehrer im Beamtenstatus mit 50 Prozent Eigenkapital bekommt bessere Konditionen als ein freier Musiker ohne geregeltes Einkommen und mit nur zehn Prozent Eigenkapital. Die Banken haben eine ganze Liste von Plus- und Minuspunkten, nach denen sie die Bonität eines Kunden beurteilen.

Zweitens: das Objekt. Die Bank geht immer vom schlimmsten Fall aus, das heißt, dass der Kunde seine Monatsraten nicht mehr zahlen kann und die Immobilie nach einigem Hin und Her im Besitz der Bank landet. Je kleiner das mögliche Verlustrisiko, desto besser die Beurteilung der Bank.

Drittens: die Laufzeit des Darlehens. Je länger die Laufzeit, desto höher der Zinssatz. Wenn Sie zum Beispiel für 100.000 Euro einen Vertrag über fünf Jahre vereinbaren, zahlen Sie bei guter Bonität vielleicht sogar nur 3,6 Prozent Zinsen. Wenn Sie den Vertrag über 20 Jahre Laufzeit abschließen, wären vier Prozent Zinsen ein gutes Angebot.

Tilgung

Neben den Zinsen gibt es auch die Tilgung. Sie bezeichnet die Summe der Schulden, die an die Bank zurückgezahlt wird. Auch hier gibt es wissenswerte Eigenarten.

Man vereinbart im Darlehensvertrag einen bestimmten „anfänglichen Tilgungssatz“. Früher – in Zeiten höherer Zinsen – betrug dieser Tilgungssatz in der Regel ein Prozent, heute liegt er bei zwei bis drei Prozent. Wenn man einen Tilgungssatz von einem Prozent vereinbart, könnte man meinen: „Ich zahle jedes Jahr ein Prozent der geliehenen Summe zurück.“ Dem ist aber zum Glück nicht so. Denn dann würde es ja 100 Jahre dauern, bis der Kredit getilgt wäre. Und hier kommt es zum Zusammenspiel von Zinsen und Tilgung.

Bei einem 100.000-Euro-Beispiel lässt sich das einfach darstellen: vier Prozent Zinsen, zwei Prozent Tilgung. Macht zusammen sechs Prozent, also 6.000 Euro im Jahr, 500 Euro Monatsrate. Im ersten Monat des Darlehens teilen sich die 500 Euro wie folgt auf: 166,67 Euro Tilgung (2.000 Euro geteilt durch zwölf Monate) und 333,33 Euro Zinsen (100.000 Euro mal vier Prozent, geteilt durch zwölf Monate).

Im nächsten Monat beträgt die Gesamtschuld nicht mehr 100.000 Euro, sondern nur noch 99.833,33 Euro. 167,67 Euro wurden ja schon getilgt! Die 500 Euro im nächsten Monat verteilen sich also wie folgt: 332,77 Euro Zinsen, bleiben 167,23 Euro für die Tilgung.

Und so geht es weiter. Erst in winzigen, dann in größeren Schritten. Monat für Monat, Jahr für Jahr. Der Anteil der Tilgung wird immer größer, der Anteil der Zinsen immer kleiner.

Bei diesem Beispiel mit vier Prozent Zinsen und zwei Prozent Tilgung wäre der Kredit nach 27 Jahren und acht Monaten abgezahlt. Hätte man einen Tilgungssatz von einem Prozent vereinbart, wäre dieser Kredit erst nach 40 Jahren und 8 Monaten abgezahlt. Bei drei Prozent Tilgungssatz wäre die volle Schuldenlast bereits nach 21 Jahren und vier Monaten abgetragen. Also: Je höher der Tilgungssatz, desto schneller ist der Kredit abgezahlt. Das ist alles keine Hexerei, sondern relativ einfache Mathematik.

Wer sich diese Zahlen und Zusammenhänge vor Augen führt, versteht auch folgende Regel: Je höher der Zinssatz, desto schneller ist der Kredit abgezahlt. Nicht nur die Tilgung beeinflusst eben die Dauer des Darlehens, sondern auch der Zinssatz.

Langfristig auf Nummer sicher

Nach jahrelangen Tiefstständen sind die Zinsen nun spürbar gestiegen. Dennoch ist Baugeld heute im langjährigen Vergleich immer noch als günstig zu bezeichnen. In zehn oder 20 Jahren kann die Zinssituation anders aussehen. Worst-Case-Szenario: Ihr jetzt so günstiger Vertrag läuft in zehn Jahren aus, Sie haben bis dahin nur das Minimum getilgt, und die Zinsen stehen bei zehn Prozent. Diese neue Belastung werden Sie kaum oder nur sehr schwer bewältigen können.

Man ist gut beraten, mit dem Finanzierer möglichst langfristige Verträge mit einer möglichst hohen Tilgung und vielleicht auch noch optional freiwilligen Sondertilgungen zu vereinbaren. Dann ist man langfristig auf der sicheren Seite und hat die laufenden Kosten und Belastungen stets unter Kontrolle.


HOHE ZINSEN, KURZE LAUFZEIT

Im neuen Ratgeber 2023 finden Sie eine Übersichtstabelle zum Thema Zinsen & Tilgung.

Anhand dieser wird ersichtlich, wie sich Laufzeit und Monatsrate im Zusammenhang mit unterschiedlichen Zins- wie Tilgungsniveaus verhalten.


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Claus-Peter Haller

ist Herausgeber von BELLEVUE.

RI 2023