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ILLUSTRATION: Tobias Rieger

Ein Reetdachhaus auf Sylt, eine Finca auf Mallorca, ein Landhaus in Italiens Tos- kana oder in Frankreichs Provence, ein Chalet in den Alpen – davon träumen viele, leisten können es sich nur vergleichsweise wenige. Schon gar nicht bei den Preisen, die mittlerweile für Ferienimmobilien in den beliebten Urlaubsregionen am Meer oder in den Bergen aufgerufen werden. Aber auch wenn man solch ein Feriendomizil sein Eigen nennt: Nutzt man es wirklich intensiv? Selbst wenn die Besitzer hier drei schöne Monate verbringen – die anderen vierzig Wochen des Jahres steht es leer. Lohnt sich das wirklich?

Warum eine ganze Kuh kaufen?

Vor 30, 40 Jahren war Timesharing en vogue. Das Prinzip wurde damals durch eine einfache Frage plausibel erklärt: „Warum eine Kuh kaufen, wenn du nur ein Steak willst?“ Besonders auf den kanarischen Inseln waren diese Geschäftsmodelle damals beliebt. Mit teils fragwürdigen Verkaufsmethoden wurden wochenweise Wohnungen verkauft. Dafür erwarb der Käufer das Recht, für einige Jahrzehnte in einem bestimmten Ferienapartment in einer bestimmten Kalenderwoche Urlaub zu machen. In der Hochsaison kostete eine Woche zum Beispiel 12.000 D-Mark, in der Nebensaison noch 8.000 D-Mark. Die Apartments lagen in der Regel in gepflegten Anlagen, waren hübsch eingerichtet und dekoriert. Dennoch: Wenn der Großteil der Wochen verkauft war, hatten vor allem die Strukturvertriebler ein gutes Geschäft gemacht. Sie kauften eine Wohnung für den damaligen Marktwert von 200.000 D-Mark und verkauften sie mit ihrer Salami-Taktik für eine halbe Million.

Am Ende zahlten oft die Käufer, die nicht einmal Eigentümer, sondern nur Nutzer der Immobilie waren, die Zeche, mussten Nebenkosten und Renovierungsanteile für unverkaufte Wochen oder Nichtzahler übernehmen, weil sonst der Fahrstuhl nicht repariert oder der Pool nicht mehr gereinigt wurde. So geriet eine einst interessante Idee des Teilens über die Jahre arg in Verruf.

Start-ups wollen den Markt erobern

In letzter Zeit kommen zunehmend Unternehmen auf den Markt, die eine neue und faire Art des Immobilien-Teilens propagieren. Fractional Ownership (übersetzt: Teilei- gentum) oder Co-Ownership (Miteigentum) heißt ihre Devise. Rund zehn dieser Start-ups möchten, ausgestattet mit teilweise üppigen Investorengeldern, jetzt den deutschsprachigen Markt erobern. Sie heißen August, Pacaso, Myne, Everomes oder Lazazu. Die Homepages und Konzepte ähneln einander sehr: stilvoll eingerichtete und ausgestattete Villen, Häuser und Wohnungen in den eingangs genannten populären Regionen, aufgeteilt für bis zu acht Eigentümer. Preise beginnen bei 160.000 Euro für ein Achtel Reetdachhaus auf der Boddenseite von Usedom und enden bei 700.000 Euro für ein Achtel einer Villa an der Côte d’Azur.

Ein etwas anderes Konzept verfolgt seit zehn Jahren das dänische Unternehmen 21-5. Hier erwirbt der Käufer nicht 1/8 Eigentum an einer Immobilie, sondern jeweils 1/21 Eigen- tum an gleich fünf Feriendomizilen.

Reservierungs-App & Concierge-Service

Alle Marktteilnehmer betonen, dass beim Managed Co-Ownership der Anteilseigner eingetragener Mitbesitzer der Immobilie ist, also auch von künftigen Wertsteigerungen profitiert. Geboten wird in den meisten Fällen ein Concierge-Service, der sich für eine monatliche Pauschale das Jahr über um die Immobilie sowie die Interessen und das Wohlbefinden der Eigentümer kümmert. Wer wann die Immobilie nutzt, regelt ein Buchungssytem, über den Belegungsplan und die Reservierung informiert eine App.

Co-Ownership kann ein zeitgemäßer Weg zu einer schönen Ferienimmobilie sein. Solange alles gut geht und sich alle vertragen. Noch gibt es wenig Erfahrungen und keinen nennenswerten Zweitmarkt für Teileigentum. 

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Claus-Peter Haller

ist Herausgeber von BELLEVUE.

RI 2023